15.00/17.00: Filmvorführung "the mouse that roared" von Peter Sellers (1959)
15.00/17.00: Filmvorführung "the mouse that roared" von Peter Sellers (1959)
Titel "Stein kochen, zur Sprache kommen"
Die Naxi-Hieroglyphen im chinesischen Hochland steht für den Begriff Kultur/Sprache/Schrift und besteht aus der Darstellung eines Baumes, eines Kochtopfs, Steine und noch einmal ein Kochtopf. Das Schriftzeichen besagt, dass man die Natur, also Bäume, Steine und alles Sichtbare, so lange kochen muss, bis man sie essen kann. Erst durch das Einverleiben und Verdauen lässt die Welt sich begreifen. Diese Hieroglyphe bewegt meine Gedanken lange, ich habe noch nie etwas Treffenderes gefunden, um meine Annäherung im Kindesalter an die unbegreifliche Welt voller Erscheinungen in einfache Zeichen zu übersetzen. Seit ich verdaue, habe ich angefangen, mich mit der Welt auseinanderzusetzen. Sie allmählich zu verdauen. Der erste Atemzug muss schon eine Ahnung davon beinhalten, dass der Körper hier auf der Welt nicht ungeschoren davon kommt. Ich erinnere mich an das Gefühl, immer wieder einen Stein zu schlucken, groß genug, um gerade noch mit ihm zurecht zu kommen.
Zur Sprache kommen: Verdauen von Sinneseindrücken, von Chaos, einzelne Begriffe an dieses Chaos knüpfen und es damit Wort für Wort beseitigen. Fragen, von Anfang an. Den sprachlosen Neugeborenen stehen sie manchmal auf die Stirn geschrieben. Ausscheiden, was begriffen und verarbeitet ist, weiter drehen und wenden, was noch Widerstand zeigt. Kleine Fasern in zumutbare Größe auflösen und sie mit den eigenen Lebenssäften weich spülen. Nicht alles lässt sich leicht zu Brei zermahlen, es gibt Ereignisse, die bleiben ein Leben lang als Stein im Magen liegen Für Sadama beginnt dieser Prozess zum zweiten Mal, als sie 15 Jahre alt ist. Ich war genau im selben Alter, als ein ähnlich großer Einschnitt mein Leben veränderte. Ich weiß noch gut, welch arge Beklemmung mir damals fast den Atem nahm. Ich längst bereit für den Schritt hinaus in die Welt, aber die Welt noch nicht bereit für mich, erwachsen in einem fünfzehnjährigen Körper. Noch im selben Jahr hatten sich die Umstände nach meinem Sinn geordnet und ich fand mich alleine in der Hauptstadt meines Landes in einer eigenen Wohnung wieder, Herrin über meine Zeit und mein Leben. Meine Bedingungen sahen vonAußen einfacher aus, aber wer kann das schon mit Bestimmtheit sagen. Sadama ist bereit für den nächsten Stein. Das Leben auf dem Dorf hat sie längst begriffen, ihre Zukunft lässt wenig Fragen offen. Zu wenig für ihren Witz. Der Textauszug bezieht sich auf die Geschichte von Sadama, die immer wieder ein Spiegel für Eggers eigenes Erleben von Sprache/Weltaneignung war. Der 1. Teil Text entstand vor 8 Jahren anhand eines Kunst-Projektes, das Daniela Egger nach China führte, der 2. Teil, aus welchem sie lesen wird, vor wenigen Monaten, auf ihrer dritten Reise nach China, wo sie eben diese Sadama wieder getroffen hat. Er ist ein Teil eines Buches, das noch unfertig ist. Daniela Egger flog fünf Jahre lang als Flight Attendant auf dem Privatflugzeug eines arabischen Sheikhs um die Welt. Sie schreibt Drehbücher, Theaterstücke, Hörspiele und Erzählungen.
Moderation: Ruth Gschwendtner-Wölfle mit den Künstlern Barbara Bühler, Roland Adlassnigg, Evelyne Bermann
Eine Kooperationsveranstaltung mit der Liechtensteinischen Kunstgesellschaft
Begrüssung: Evelyne Bermann, Vorsitzende Fachkommission Kunstraum Engländerbau
Grussworte: Dr. Johann Feichter, Präsident Berufsvereinigung Bildender Künstler/innen BBKL
Marie- Aimée Tirole, Présidente du Comité National Monégasque de lAIAP UNESCO
Barbara Hampel trägt poetische Texte vor, die vor Werken von Gertrud Kohli im vergangenen Jahr entstanden sind. Einige Bild-Wort-Verbindungen erscheinen zur aktuellen Ausstellung im Leporello. Das Reifen begreife. In verdichteter rhythmischer Sprache nähern sich Gedichte wie Aphorismen dem schöpferischen Prozess der Kunst Kohlis an, den geistigen universellen Hintergründen, die auch das Spirituelle auf- oder durchscheinen lassen.
Das Zeichenhafte in der sinnlichen Abstraktion und Reduktion auf das Wesentliche, wie sie es durch BILDER von Gertrud Kohli beantWORTet, wird Barbara Hampel mit Texten zu Klee und Morandi (die G. Kohli sehr schätzt) ergänzen sowie mit solchen aus ihren Büchern.
Barbara Hampel (Jg. 1951) bekam von der Schweizer Literaturförderung einen Werkbeitrag für Gedichte zur Kunst, parallel zur Lizentiatsarbeit über Kunst und Bewusstwerden an der Universität Zürich. Drei Bücher wurden in dieser Richtung publiziert: zu Skulpturen von Josephsohn, zu Fresken von Giotto u.a. in Assisi, zur Architektur des Berliner Holocaust-Mahnmals.
Organisiert von der Liechtensteinischen Philosophischen Gesellschaft.
Seit der Proklamation der Dekade des Gehirns zu Beginn der 1990er Jahren haben die Neurowissenschaften einen Siegeszug ohnegleichen durchlaufen. Weit über die Grenzen der Naturwissenschaften hinaus durchdringen Erklärungsmodelle aus der Hirnforschung frühere Hoheitsgebiete der Geistes- und Sozialwissenschaften. Die Neuen Wissenschaften des Gehirns pflegen in der Öffentlichkeit gerne den selbstsicheren Auftritt und suggerieren, dass sie einen streng wissenschaftlichen Weg beschreiten, um das Wunder Mensch zu erklären. Die Diskrepanz zwischen proklamierter lebensweltlicher Relevanz und der Belastbarkeit der empirischen Daten ist allerdings beträchtlich. Der Neuromythologie-Vortrag beschäftigt sich mit den historischen Ursachen und den gesellschaftlichen Auswirkungen des neuroscientific turns.
Felix Hasler ist Forschungsassistent an der Berlin School of Mind and Brain der Humboldt-Universität zu Berlin. Der Pharmazeut promovierte an der Universität Bern und war danach zehn Jahre lang in der Klinischen Forschung an der Psychiatrischen Universitätsklinik Zürich (Burghölzli) tätig. Sein wissenschaftskritisches Buch "Neuromythologie. Eine Streitschrift gegen die Deutungsmacht der Hirnforschung" erschien im Oktober 2012 im Transcript-Verlag und stiess sowohl in Fachkreisen wie in der Tagespresse auf grosses Interesse.
Programm
18.30: Präsentation des Heftes zur Ausstellung (Hansjörg Quaderer)
19.00: Rundgang mit der Künstlerin Gertrud Kohli und Dr. Johannes Inama
20.00Uhr: Konzert mit Hieronymus Schädler (Querflöte)
H.J. Quaderer beschreibt in seinem Essay Ein lichter Bilderhain im Begleitheft die Arbeit G. Kohlis für den Kunstraum wie folgt: ... "Man tritt in einen lichten Bilderhain. Die grossformatigen Tuschearbeiten scheinen zu schweben. Die Handschrift der Künstlerin oszilliert subtil in unterschiedlichsten Leisegraden. Es ist nichts Lautes in diesem Bilderorganismus. Die Arbeiten sprechen einfach und bestimmt. Das Tempo wechselt von pianissimo zu sostenuto, bisweilen zu vivace. Nur an wenigen Stellen nimmt man eine gewisse Heftigkeit im malerischen Duktus wahr. Man wandelt in einem «gemalten Märchenwald», wie jemand den Gesamteindruck treffend schilderte. Es handelt sich um einen einzigen Bilderorganismus, der sich nicht in die Einzelteile auftrennen lässt, sondern der sich vielmehr im Durchschreiten der Membrane erschliesst und offenbart. Die einzelnen 27 Tuschefahnen fügen sich zu einem Ganzen. Die Durchsichten, Quergänge und Passagen sind wie selbstverständlich eingelassen. Die Einlassungen werden zum Leitmotiv: Der Betrachter muss sich einlassen und sich durch den existentiellen Bilderkosmos bewegen bzw. bewegen lassen. Die Tuschen folgen unterschiedlichen Motivsträngen: Organische und pflanzliche Formen, die an Arbeiten von Julius Bissier erinnern wechseln sich ab mit Kalligraphien, die sehr inspiriert sind von japanischer Zenmalerei. Hinzu kommen Aktzeichnungen in der ureigensten zeichnerischen Handschrift der Künstlerin. Dazwischen tauchen immer wieder prägnante Zeichen und abstrakte Konstellationen auf... lässt
Hieronymus Schädler lässt sich in seinem "Musik-Dialog" mit spontan entstehenden Klangbildern - die er "(T)Räume" nennt - auf diesen speziell gestalteten Raum in seiner Gesamtheit ein. Mit eingestreuten Kompositionen aus dem Barock & des 20. Jahrhunderts hält er Zwiesprache mit den einzelnen Bildern.
Simone Pergmann (vocals), Bernhard Klas (reeds) und Bernie Rothauer (guitar,percussion) werden der Ausstellung von Gertrud Kohli ein musikalisches Gewand geben, u.a. mit altisraelischen Liedern, orientalischer Instrumentalmusik, sowie jazzigen Eigeninterpretationen
Man betritt den Raum und alles wird still - diesen Effekt hat diese Ausstellung auf viele Betrachter. Sie berührt auf eine ganz eigene Weise. Die grossformatigen Tuschebilder, die auf fragilem Japanpapier schwebend im Raum installiert sind lassen einen inne halten und zur Ruhe kommen.
Die Künstlerin beschreibt das Malen in Tusche als ein Ein- und Ausatmen. Dies ist der Anknüpfungspunkt für die Performance von Petra Büchel (Bewegung) und Roland Beck (Licht, Technik), die eigens für die Ausstellung von Gertrud Kohli konzipiert und in ihr erarbeitet wurde.
Elemente aus Yoga und Tai Chi sind die Sprache der Bewegung von Petra Büchel. Die begehbare Rauminstallation ist das Set-up für die Performance. Petra Büchel lotet den Raum mit Bewegung aus, nähert sich den Kunstwerken in nonverbaler Weise und ermöglicht so einen neuen Blickwinkel auf die Arbeiten von Gertrud Kohli. Bewegung, Musik, Licht und Kunstwerke fliessen ineinander über. Bei der Performance werden die Kunstwerke von Gertrud Kohli in einen neuen Kontext gestellt.
Begrüssung: Evelyne Bermann, Vorsitzende Fachkommission
Einführung: Dr. Johannes Inama, Kunsthistoriker, Leiter Küefer-martis-huus Ruggell
Eine Kooperationsveranstaltung mit der Liechtensteinischen Kunstgesellschaft
Einführung: Dr. Peter Stobbe, Direktor Kunstschule Liechtenstein
Stephan Sude und Rolanbd Adlassnig (v.l.) präsentieren um 18 Uhr die von ihnen zubereitete essbare Skulptur. Ein optischer und kulinarischer Genuss für hungrige Gäste.
Anhand von architektonischen und künstlerischen Strömungen des 20. Jahrhunderts, zeichnet Wolfgang Fiel ein Bild der wichtigsten Einflüsse für die Arbeit von tat ort und liefert Bezugspunkte für eine kritischen Reflexion ihrer aktuellen Entwicklung.
Gäste: Verena Konrad, Direktorin des VAI; Hubert Matt, Künstler; Hugo Dworzak, Rektor des Instituts für Architektur und Regionalplanung der Universität Liechtenstein
Moderation: tat ort - Wolfgang Fiel, Architekt und Künstler
Präsentation: Kurzfilme Wohnen in der Raumstadt", 2008 (10´) und Standbild, 2010 (26´12″):
Standbild ist die Dokumentation einer Performance, die anlässlich der Ausstellung locate me 2010 im Kunstraum Kreuzberg/Bethanien stattgefunden hat. Das Setup bestand aus einem Minimalraum, einer eigens gefertigten Holzkiste mit den Innenabmaßen von 3 x 2m im Grundriss, einer lichten Höhe von 2.3m und einem Gesamtgewicht von ca. 100kg. Eine Seite der Box blieb offen um einen Blick ins Innere eines Schlafzimmers freizugeben, dessen Interieur aus weißem Packpapier geformt war. Über seinem Schwerpunkt ruhte der Minimalraum auf der Spitze eines Pfahls und wurde von den Performern auf je einer Seite der Szene im Gleichgewicht gehalten. Die Bilder einer statisch auf den Innenraum der Box gerichteten Videokamera wurden live und simultan mit den Atemgeräuschen der Performer in den Ausstellungsraum übertragen. Obwohl die Performance im angrenzenden öffentlichen Außenraum der Galerie stattfand, war sie den AusstellungsbesucherInnen nicht unmittelbar zugänglich. Die Länge des Videos entspricht der Dauer der ursprünglichen Performance, d.h. die Zeitspanne bis zu jenem Moment an dem die Anstrengung zur Aufrechterhaltung des Gleichgewichts die Performer zur Aufgabe ihrer Mission gezwungen hat.
Wohnen in der Raumstadt entstand 2008 und basiert auf den Eindrücken des 2-monatigen Aufenthalts von Berlinger und Fiel in der Bregenzer Achsiedlung. Der Film ist in 9 Szenen gegliedert und startet mit einem Blick aus einer der gedeckten Fußgängerpassagen der Wohnanlage ins Innere ihrer Wohnung, fokussiert in weiterer Folge die 5 im Zuge des Projekts im Außenraum verteilten Pavillons, um mit einer Einstellung zu enden, die den eingangs zu sehenden Bereich aus der Perspektive ihrer Wohnung zeigt. Alle im Film vorkommenden Tonfragmente sind Mitschnitte der während des Zeitraums von zwei Wochen rund um die Uhr live in ihre Wohnung übertragenen Geräuschkulisse.
Grussworte: Mag. Brigitte Jussel, Geschäftsleitung Kunstraum
Einführung: Dr. Winfried Nussbaummüller, Kunsthistoriker und Leiter der Kulturabteilung des Landes Vorarlberg
Melinda Nadj Abonji ist eine ungarisch-schweizerische Schriftstellerin und Musikerin. Ihr klangvoller Name, sozusagen ein Dreisprung, verweist auf Ihre Herkunft: Melinda Nadj Abonji stammt aus der Vojvodina, jener Gegend in Ex-Jugoslawien, in der eine Ungarisch sprechende Bevölkerung sich gegen die serbische Minderheit zu behaupten hat. Sie ist mehrsprachig aufgewachsen, mit Ungarisch und nach ihrer Migration in die Schweiz mit (Schweizer-)Deutsch. Diese sprachliche Vielfalt hat die Künstlerin geprägt. "Ich würde mich gern als Dichterin bezeichnen, mir gefallen die Worte dicht, nicht ganz dicht sein, dichten, andichten. Als Mehrsprachige bin ich nicht ganz dicht, poetisch gesagt bin ich durchlässig für Fragen, die sich oft nicht beantworten lassen." Diese Durchlässigkeit zeigt sich auch in Ihrem künstlerischen Ausdruck: Melinda Nadj Abonji ist nicht nur Dichterin, sie ist auch Musikerin, und sie ist Textperformerin. Alles zusammen und nie nur das eine ohne das andere, denn die Ausdrucksweisen sind eng miteinander verwebt: Sprache ist Musik, und Musik ist Sprache.